Dirt Showdown: Wrestling mit Autos

Dirt Showdown: Wrestling mit Autos

 

Die alten Rallye-Games von Codemasters hab´ ich gern gespielt. Also, ich meine die Simulationen aus der “DTM” und “Colin McRae”-Reihe. Das neueste “Dirt” will keine Sim mehr sein. Mit realitätsnahem Motorsport ist diesmal Schluss. Wer sich hier ans Lenkrad wagt, lässt sich auf Racing ohne Regeln ein; auf Positionskämpfe, in denen nach Herzenslust gerempelt wird. “Showdown” erinnert auf den ersten Blick an “Burnout” und “Ridge Racer Unbounded”, aber irgendwann merkt man: Huch, gut die Hälfte meiner Zeit verbringe ich in Arenen und mit total verschiedenen Herausforderungen! Ich ramme andere Autos schrottreif, schubse sie von Rampen, versuche die Hasenjagd so lang wie möglich zu überleben. Wenn das nicht an den englischen PSOne-Oldie »Destruction Derby« von 1995 erinnert. 

Kernstück des Einzelspieler-Modus ist die Karriere. 48 Wettbewerbe verteilen sich auf vier Karrierestufen, dazu kommt je ein einfallsloses Finalrennen pro Stufe. Unterm Strich ein bunter Fächer an Herausforderungen: Die erwähnten Arena-Rempeleien bilden den Schwerpunkt. Die Drei-Minuten-Events wirken manchmal etwas arg chaotisch und planlos, gehen aber speziell unter die Haut, wenn gegen Ende der Countdown zur Eile aufruft und die Punktezahl verdoppelt wird. Andere Herausforderungen erinnern eher an konventionellen Motorsport – an Rundrennen, bei denen man Gas und Bremse auf die Reihe bekommen und Kurven geschickt anschneiden soll. 
 
Gibt´s in verschiedenen Ausprägungen: Zum Beispiel als Der-Letzte-scheidet-aus-Wettkampf gegen die Stoppuhr, oder als “8 Ball”. Da kreuzen sich die Wege auf der Strecke mehrmals. Das hat Spannungsspitzen immer dann zur Folge, wenn man sich einer Kreuzung nähert. Witziger sind die Herausforderungen, in denen man im Wettkampf mit einem Gegner artistische Vollgas-Kunststücke im Stil von Ken Blocks “Gymkhana”-Videos abzieht. In engen Gassen zirkelt man seine Karre unter LKW-Anhängern hindurch, springt über meterhohe Schanzen und legt brandgefährliche Donut-Stunts aufs Paket. 
 
Typisch Codemasters, punktet “Dirt Showdown” mit stilsicherer Erscheinung. Das Titelmenü ist elegant inszeniert, nach dem Start Start kommt Partystimmung auf. Zum Beispiel wenn der Stadionsprecher Anfeuerungs-Sprüche unter’s Volk werfen, oder in den Kulissen großes Feuerwerk abfackelt. Während der Rennen wünscht man sich manchmal mehr Zeit, um Achsteile, Felgensterne und all die anderen aufwändigen Details an den Fahrzeugen studieren zu können. Aber okay, dafür gibt’s ja die Zeitlupen-Funktion mit Rückspul-Taste. Weil bei Berührungen zwischen Fahrzeugen die Funken gar so verführerisch über den Bildschirm schwärmen, kommt eine typische Schwäche von Codemasters »Ego«-Engine zunächst gar nicht zur Geltung. Die Rede ist vom Grafikaufbau mit 30 Bildern pro Sekunde. »Burnout Paradise« und das original »Destruction Derby« arbeiten mit 60 Bildern pro Sekunde. Das macht sich in der Steuerung bemerkbar. »Dirt Showdown« fühlt sich weniger direkt und zackig an, bisschen träge. 
 
Wenn man in den Arenen wenden oder zurücksetzen möchte, dauert das deutlich länger, als man es ertragen möchte. Generell macht die Steuerung keinen perfekten Eindruck. Drifts und vor allem Donuts gehen derart locker von der Hand, da keimt der Eindruck: Hey, das fährt ein kleines bisschen wie auf Schienen. Klar führt das zu schnellen Erfolgserlebnissen, aber  so was sollte abstellbar sein. Manch einen dürfte dieses subtile Kontrolle-aus-der-Hand-nehmen stören. Auch die drei weit gespreizten Schwierigkeitsgrade haben ihre Tücken. Wer als Könner auf “Anfänger” – was für ein blöder Begriff! – startet, hat das Game binnen zweier Abende durch. Der Karrieremodus koppelt übrigens ein Weiterkommen an das Erreichen von Podestplätzen bei wirklich allen Starts. Wer also Rempeln und Fahrkunst-Test nicht gleich gerne mag, muss sich manchmal durch weniger geliebte Wettbewerbe durchbeißen.
 
Was ich mag
Richtig spielenswerte Vollbild-Kamera, stilvolles Gesamtpräsentation, abwechslungsreiche Begleitmusik, gelungene Eindeutschung 
 
Und was weniger
Keine Cockpit-Kamere, nervöse Heck-Kaemra, lange Ladepausen, anspruchsloses Tuning, kein Wettermodell, Wiederholungen lassen sich nicht speichern
 
Fazit
Hmtja, das Gameplay könnte ausgewogener sein; und die Grafik gerne ein bisschen krasser. Die Arena-Wettkämpfe beispielsweise sind nicht konsequent genug umgesetzt. Ich meine, wenn acht Autos aus allen Richtungen sich in eine Arena stürzen; aufeinander prallen; einander von Plattformen schubsen und sich in die Leitplanken rammen: Ja, sollte einem da nicht ständig Eisen und Teile um die Ohren fliegen? Passiert aber nicht. Es kommt zu Funkenflug, ein paar Kratzern und Splittern. Richtig massive Zerstörung inklusive dem damit verknüpften Aha-Effekt beim Betrachter bleibt aus. Auch dem Fuhrpark fehlt der letzte Kick. Sicher ist’s nett, was für herrlich absurde Schrottkarren und mit Totenköpfen bemalte Sportautos sich an den Start wagen. Aber die heißen Onyx Runner oder Zender Cup – fast alles Fantasie-Fahrzeuge! Die paar authentischen Rallyebiester – Ford Fiesta WRC, Subaru Impreza etc. – wirken ein bisschen auf verlorenem Posten. So, als wären sie im falschen Spiel gelandet. Als hätten auf der Rennstrecke leichtes Motorsport-Training betreiben wollen, wurden auf dem Weg dahin aber von ein paar Grobianen aufgemischt. Ein rundum rundes Paket sieht anders aus.

Wer den kompletten Text inklusive Infos zum Splitscreen- und Online-Mehrspieler lesen möchte, dem darf ich die lange Textfassung in den Fachmagazinen 360 Live und PS3M ans Herz legen. Gibt´s ab dem 30. Mai am Kiosk. 
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2012-05-29T10:00:00+02:00

Über mich

Spieleschreiber, das sind im Wesentlichen ich – Richard Löwenstein – und freie Kollegen, mit denen ich auftragsbezogen zusammenarbeite. Ich bewege mich seit 1984 in der Software-, Games- und Medienindustrie. Das Wort Spieleschreiber (“gamesauthor”) bezieht sich auf  die Tatsache, dass ich über Computerspiele schreibe und sie außerdem entwickle und produziere

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