Kultur: Ein Brief an die Politik

Kultur: Ein Brief an die Politik

Ein offener Brief an die Politik… 


“Grüße Sie, Herr Neumann!


Ich schreibe Ihnen anlässlich der jüngsten Verleihung des Computerspielpreis in Berlin. Im Fachmedium “Gamesindustry” werden Sie heute zitiert: “…ein Spiel, das aufgrund von Gewaltdarstellungen nicht für Jugendliche geeignet und deshalb nur für Erwachsene zugelassen ist, kann schwerlich kulturell und pädagogisch wertvoll’ sein. Mir liegen zwei Worte am Herzen: “schwerlich” und “kulturell”. Für mich sieht der Umkehrschluss aus Ihrem Satz nämlich folgendermaßen aus: Eigentlich können nur für Jugendliche geeignete, sprich harmlose Spiele kulturell wertvoll sein. Mir scheint, Sie benutzen in Ihrem Satz das Wort “schwerlich”, doch da schwingt eher ein “gar nicht” mit: Erwachsene Computerspiele können kulturell schwerlich wertvoll sein. Also eigentlich eher nicht. Sind ja eh alles Killerspiele, oder.


Wissen Sie, ich bin als Medien- und Computerspiel-Schaffender seit bald 30 Jahren in der Branche tätig. Ich werde nachdenklich, wenn ich eine Meinungsäußerung wie die Ihre lese. Ich empfinde das als Herbwürdigung meiner Arbeit, und der Arbeit vieler tausend Menschen. Als Staatsminister für Kultur und Medien sind Sie maßgeblich an der Wahrnehmung und Wertschätzung kreativer Schöpfung in Deutschland beteiligt. Da würde ich es gerne erleben, dass Sie die Inhalte von Video- und Computerspielen ähnlich bemessen wie zum Beispiel Bücher oder Filme. 

Spiele-Software ist sehr facettenreich. Vieles davon ist für Erwachsene gemacht, und oft vorrangig auf maximalen Umsatz gepolt, keine Frage. Wissen Sie: Ich bin bestimmt keiner, der mit dem Säbel zwischen den Zähnen für die pauschale Anerkennung von Computerspielen als Kulturgut kämpft. Aber zwischen all den Produktionen, die vorrangig Erwachsene fesseln wollen; da heben sich so einige halt doch durch großartige Erzählung und intelligente Unterhaltung ab. In Computerspielen wie “Bioshock”, “GTA”, “Mafia” und “Metal Gear Solid” steckt viel Menschlichkeit, Gedankengut und kreatives Tun drin. Kulturell und künstlerisch wertvoll, würde ich sagen. 
Erwachsenenkultur gibt es seit Anbeginn der Menschheit. Wir sprechen von plastischer Kunst; vom Verlagswesen; der Fotografie; dem Film- und Musikwesen. Ich deute Ihre Äußerungen so, dass Sie erwachsene Computerspiele noch nicht differenziert genug kennen gelernt haben. Ich kann Ihnen gerne intelligente, erwachsene Video- und Computerspiele demonstrieren. Vielleicht heben Sie diese positiven Bei-Spiele dann bei Gelegenheit im Rahmen weiterer öffentlicher Äußerungen hervor. Mir ist an der Wertschätzung meiner Arbeit und meines Umfelds halt doch gelegen. Ihnen geht es ja sicherlich ähnlich.
Wünsche Ihnen ein schönes Wochenende,
Grüße aus München, 
kleine Weltstadt mit großem Fußballherz: Finale Champions League 2012, das ist bei uns!

2012-04-27T11:08:00+02:00

Über mich

Spieleschreiber, das sind im Wesentlichen ich – Richard Löwenstein – und freie Kollegen, mit denen ich auftragsbezogen zusammenarbeite. Ich bewege mich seit 1984 in der Software-, Games- und Medienindustrie. Das Wort Spieleschreiber (“gamesauthor”) bezieht sich auf  die Tatsache, dass ich über Computerspiele schreibe und sie außerdem entwickle und produziere

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